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  4. 🌾 Wagrien – ein fast vergessenes Land zwischen Meer, Geschichte und Gegenwart
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🌾 Wagrien – ein fast vergessenes Land zwischen Meer, Geschichte und Gegenwart

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    SkyS Online
    Sky
    schrieb zuletzt editiert von Sky
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    💭 Ein persönlicher Blick auf Wagrien

    Ich bin in Wagrien geboren und habe mehr als die Hälfte meines Lebens hier verbracht.
    Für mich war es lange einfach „Zuhause“, Felder, kleine Dörfer, das Rauschen der Ostsee.
    Dann kam das Leben dazwischen: Krankheiten, Einschränkungen, viele Jahre, in denen ich nicht mehr unterwegs sein konnte. Und ich lebte einige Jahre in Bonn & Duisburg.
    Über 20 Jahre ist es her, dass ich diese Landschaft wirklich gesehen, gespürt, durchwandert habe.

    Eines meiner zahlreichen Ziele: Abnehmen, Kraft zurückgewinnen, damit ich eines Tages noch einmal mein altes Land mit eigenen Augen erkunden kann.
    Die Orte, an denen ich als Kind gespielt habe. Die Felder, über die ich früher gefahren bin. Den Wall von Starigard, auf dem ich stand.

    Bevor ich irgendwann gehen muss, möchte ich noch einmal alles bewusst erleben, was mich geprägt hat.

    Vielleicht kennt ihr das Gefühl, wenn ein Ort für euch mehr ist als nur Geografie? Wenn er ein Stück von euch ist? Darum, und weil ich nicht schlafen konnte, habe ich diesen Beitrag geschrieben, nicht nur als Info, sondern als Einladung, Wagrien mit mir zusammen zu entdecken. 🌾🌊


    🌊 Wagrien – Land zwischen Meer, Geschichte und Gegenwart

    Manchmal stolpert man über Namen, die wie aus einer anderen Welt klingen.
    Wagrien ist so ein Name, alt, rätselhaft, fast vergessen.
    Ein Wort, das nach Wind, Salz und Legende schmeckt. Immer wieder begegnen mir im Netz Menschen, die noch nie von Wagrien hörten.

    Wer heute durch Ostholstein fährt, von Kiel bis Lübeck, von den Hügeln bei Eutin bis zu den Stränden bei Grömitz, ahnt kaum, dass er ein uraltes Kulturland durchquert, das einmal eigenständig war: das Land der Wagrier.

    Und wenn man dort steht, am Rand eines Kornfelds, mit Blick auf die glitzernde Ostsee, dann spürt man: Dieses Land erzählt, auch wenn es längst vergessen scheint.


    🗺️ Wo liegt Wagrien eigentlich?

    Wagrien liegt im heutigen Ostholstein, im Herzen Schleswig-Holsteins.
    Es wird eingerahmt von

    • der Trave im Süden,
    • der Schwentine im Westen,
    • der Ostsee im Osten
    • und dem Oldenburger Graben im Norden.

    Ein Landstrich, sanft und weit, hügelig wie ein Atemzug, durchzogen von Knicks, alten Baumalleen und kleinen Seen, die im Abendlicht kupfern schimmern.

    Viele Orte, die man heute mit Urlaub verbindet, Scharbeutz, Neustadt, Dahme, Haffkrug, Grömitz, Heiligenhafen, liegen mitten im alten Wagrien. Nur wissen es die wenigsten.


    ⚔️ Die alten Grenzen und der Ursprung

    Vor über 1200 Jahren lebte hier der slawische Stamm der Wagrier.
    Sie kamen aus dem Osten, siedelten zwischen Trave und Schwentine und nannten ihre Hauptburg Starigard, „die alte Burg“. Heute heißt der Ort Oldenburg in Holstein.

    Hier stand einst eine mächtige Festung aus Holz und Erde, umgeben von einem Wassergraben.
    Wenn man heute den Oldenburger Wall entlanggeht, hört man vielleicht das Echo der Vergangenheit, das Rascheln des Schilfs, das Knacken der Äste, das ferne Rufen von Krähen.

    Die Grenzen waren keine Linien auf einer Karte, sondern Landschaften: Wälder, Moore, Flüsse, Übergänge.
    Wagrien war nie abgeschlossen, es war ein Zwischenreich. Zwischen West und Ost, Heidentum und Christentum, Meer und Land.


    🏰 Geschichte in Wellen

    • 700–1100 n. Chr. – Die Slawen prägen das Land. Dörfer, Feldbau, Handel mit den Dänen.
    • 1139 ff. – Heinrich der Löwe zieht nach Osten, erobert Wagrien, gründet Kirchen, bringt deutsche Siedler.
      Aus „Starigard“ wird „Oldenburg“.
    • Mittelalter – Wagrien wird Teil des Herzogtums Holstein. Städte wie Eutin und Neustadt entstehen.
    • Neuzeit – Landwirtschaft, Gutshöfe, Herrenhäuser.
    • Heute – eine friedliche Region mit sanftem Tourismus und stiller Tiefe.

    Was mich daran fasziniert:
    Diese Geschichte ist nicht laut. Sie liegt wie eine dünne Schicht unter den Feldern, unter jedem Ortsschild mit slawischer Endung:
    -ow, -itz, -in. Ein sprachliches Fossil, das leise „Wir waren hier“ sagt.


    ☠ Die Vitalienbrüder

    Teile der wagrischen Küste gehörten u.A. zum Operationsgebiet der Vitalienbrüder. Sie legten dort vermutlich an, versteckten sich in Buchten oder Flussmündungen und nutzten kleinere Häfen wie Neustadt, Grube oder auch die Trave-Mündung bei Lübeck.
    Zwischen Fehmarn, Heiligenhafen und Neustadt gab es kleine Piratenstützpunkte, teils nur provisorische Lager. Es gibt keine Belege, dass Störtebeker selbst in Wagrien lebte oder dort gefangen wurde.
    Aber es gibt sehr plausible Indizien, dass seine Leute (oder verbündete Piraten) dort zeitweise Unterschlupf fanden.


    🌾 Damals ↔ heute

    Früher: Grenzland. Spannungen, Machtwechsel, Kulturen im Aufeinandertreffen.
    Heute: Weite. Ruhe. Ein Gefühl von Zeitlosigkeit.

    Wenn du über die Landstraße zwischen Eutin und Oldenburg fährst, siehst du:
    links goldene Felder, rechts bläuliche Wälder, dazwischen eine Kapelle, die aussieht, als wäre sie schon immer da gewesen.
    Und manchmal, kurz vor Sonnenuntergang, legt sich dieser honigfarbene Schimmer über alles, als würde das Land atmen.

    Das ist Wagrien: eine Landschaft, die dich nicht anruft, sondern wartet, bis du zuhörst.


    ⚓️ Heiligenhafen und seine Kapitäne – Nissen & Freter

    Heiligenhafen war immer mehr als nur ein Hafen. Es war ein Tor zur Welt, und zwei seiner Söhne haben diese Welt auf ganz unterschiedliche Weise bereist: Kapitän Hinrich Nissen und Kapitän Willy Freter.

    Hinrich Nissen (1862–1943) gilt als einer der großen Segelschiffkapitäne der Laeisz-Reederei.
    Geboren in Heiligenhafen, fuhr er mit den legendären „Flying P-Linern“ um Kap Hoorn, befehligte Schiffe wie die Potosi, Preußen und Peking, Giganten der Windjammerzeit.
    Er brachte die Seefahrtstradition seiner Heimat hinaus auf die Weltmeere und verkörperte den Geist jener Zeit, in der Wind und Wagemut die stärksten Antriebe waren.

    Willy Freter (1921–1997), ebenfalls aus Heiligenhafen, gehörte schon zur nächsten Generation: den Kapitänen der Motor- und Handelsschifffahrt.
    Er führte Frachter und Fischereischiffe, war später im Hafenwesen tätig, hielt die maritime Verbindung seiner Heimat wach, als die Ära der großen Segler längst verklungen war und baute in den siebziger Jahren die größte Seetouristikflotte der westlichen Ostsee auf.
    Seine Erfahrung und sein Wissen prägten viele junge Seeleute der Region.

    Beide Männer stehen sinnbildlich für Heiligenhafens Seele, für das Meer als Lebensweg, für Mut, Arbeit, und den Stolz auf eine Stadt, die über Jahrhunderte ihre Verbindung zur See nie verloren hat.
    Wer heute durch den Hafen spaziert oder das Heimatmuseum besucht, begegnet ihren Spuren noch: in Bildern, Modellen, Logbüchern, und in der salzigen Luft, die immer ein bisschen nach Fernweh riecht. 🌊


    🐟 Fischer Stüben – Held vom Fehmarnsund

    Friedrich Gottlieb Stüben (1838–1920), besser bekannt als „Fischer Stüben“, ist bis heute eine der bekanntesten Persönlichkeiten Heiligenhafens.
    Am Morgen des 15. März 1864 schrieb er Geschichte: Gemeinsam mit mehreren Fischern aus Heiligenhafen und Großenbrode setzte er in kleinen Booten preußische Soldaten über den Fehmarnsund auf die dänisch besetzte Insel Fehmarn über, mitten im Deutsch-Dänischen Krieg.
    Alle Boote erreichten sicher das andere Ufer, und die Insel wurde ohne Verluste eingenommen.

    Diese mutige Tat machte Stüben zu einer Symbolfigur für Mut, Heimatliebe und die Seele der Küstenmenschen.
    Heute erinnert eine Bronzestatue am Binnensee in Heiligenhafen an ihn, der Fischer, der mit einfachen Mitteln Geschichte schrieb.

    In Stadtführungen wird seine Geschichte lebendig gehalten, oft in historischem Gewand erzählt: von kaltem Wind, salziger Luft, Holzbooten im Morgengrauen und Männern, die mehr taten, als man von ihnen erwartete.
    Fischer Stüben steht bis heute für das, was Heiligenhafen groß gemacht hat, den Mut der einfachen Leute. ⚓️


    🏖️ Wagrien erleben – Orte mit Geschichte

    🌀 Oldenburg in Holstein
    Die alte slawische Burg Starigard kann man noch umrunden, ein grüner Wall, in dem die Zeit stehen geblieben ist.
    Das Wall-Museum erzählt die Geschichte der Wagrier mit Originalfunden aus jener Zeit.

    🏰 Eutin
    Das Schloss Eutin liegt am See wie aus einem Gemälde.
    Im Sommer erklingen hier Operetten unter freiem Himmel bei den Eutiner Festspielen.
    Wer am frühen Morgen den Schlossgarten betritt, hört nur Enten, Wind und seine eigenen Schritte.

    ⚓ Neustadt in Holstein
    Kleinstadt mit maritimem Herz.
    Alte Speicher, Segelboote, Möwenrufe, Hafen.
    Und das zeiTTor-Museum für alle, die Geschichte lieber berühren als nur lesen.

    🌅 Scharbeutz & Haffkrug
    Früh aufstehen lohnt sich.
    Wenn die Sonne über der Ostsee aufgeht und die Möwen laut über dem Wasser kreisen, hat das Meer dort fast etwas Heiliges.

    🌿 Lensahn, Grube, Göhl
    Abseits der Touristenpfade: Felder, Hofcafés, alte Dorfkirchen mit schiefen Turmspitzen. Hier spürt man noch das „alte“ Wagrien.


    🔍 Spannendes & Kurioses

    • Der Name Wagrien leitet sich von den „am Meer Wohnenden“ ab.
    • Die „Wagrische Halbinsel“ ist bis heute ein geographischer Begriff, auch wenn sie politisch nicht existiert.
    • Viele alte Wege folgen immer noch den slawischen Pfaden, auch manche Radwege tun das unbewusst.
    • In Eutin wurde Carl Maria von Weber geboren, und wenn man durch die Stadt läuft, versteht man, warum ein Romantiker hier zu Hause war.
    • Der Megedeberg ist eine bewaldete Anhöhe westlich des Edebergsees in Plön, auf der sich einst ein slawisches Heiligtum befand. Man geht davon aus, dass hier ein Tempel mit einem Standbild des Gottes Podaga gestanden hat, bevor die Kultstätte im 12. Jahrhundert zerstört wurde.

    🌤️ Wagrien heute – zwischen Geschichte und Gegenwart

    Heute ist Wagrien vor allem still.
    Es hat nichts Aufdringliches, nichts Großspuriges.
    Aber wer einmal dort war, merkt: Es geht unter die Haut.

    Der Wind riecht nach Salz und Raps, nach feuchtem Boden und manchmal nach Heu.
    Überall singen Lerchen. Alte Kopfsteinpflasterstraßen führen zu Herrenhäusern, die aussehen, als gehörten sie in einen Roman.
    Und wenn die Dämmerung kommt, färbt sich der Himmel fliederfarben, und man versteht, warum diese Gegend nie ganz vergessen wurde.


    💬 Und ihr?

    Wart ihr schon einmal in dieser Ecke Schleswig-Holsteins unterwegs?
    Vielleicht in Eutin, Neustadt, Heiligenhafen oder auf dem Wall in Oldenburg?
    Oder war euch der Name Wagrien neu?

    Ich finde, solche alten Landschaftsnamen sind wie Anker in der Zeit.
    Sie erinnern daran, dass alles vergeht, aber nichts völlig verschwindet.
    Wagrien ist dafür das beste Beispiel:
    Ein Land, das nicht laut ruft, sondern leise weiterlebt,
    im Wind, in den Namen, in der Erde. 🌾

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      💭 Ein persönlicher Blick auf Wagrien

      Ich bin in Wagrien geboren und habe mehr als die Hälfte meines Lebens hier verbracht.
      Für mich war es lange einfach „Zuhause“, Felder, kleine Dörfer, das Rauschen der Ostsee.
      Dann kam das Leben dazwischen: Krankheiten, Einschränkungen, viele Jahre, in denen ich nicht mehr unterwegs sein konnte. Und ich lebte einige Jahre in Bonn & Duisburg.
      Über 20 Jahre ist es her, dass ich diese Landschaft wirklich gesehen, gespürt, durchwandert habe.

      Eines meiner zahlreichen Ziele: Abnehmen, Kraft zurückgewinnen, damit ich eines Tages noch einmal mein altes Land mit eigenen Augen erkunden kann.
      Die Orte, an denen ich als Kind gespielt habe. Die Felder, über die ich früher gefahren bin. Den Wall von Starigard, auf dem ich stand.

      Bevor ich irgendwann gehen muss, möchte ich noch einmal alles bewusst erleben, was mich geprägt hat.

      Vielleicht kennt ihr das Gefühl, wenn ein Ort für euch mehr ist als nur Geografie? Wenn er ein Stück von euch ist? Darum, und weil ich nicht schlafen konnte, habe ich diesen Beitrag geschrieben, nicht nur als Info, sondern als Einladung, Wagrien mit mir zusammen zu entdecken. 🌾🌊


      🌊 Wagrien – Land zwischen Meer, Geschichte und Gegenwart

      Manchmal stolpert man über Namen, die wie aus einer anderen Welt klingen.
      Wagrien ist so ein Name, alt, rätselhaft, fast vergessen.
      Ein Wort, das nach Wind, Salz und Legende schmeckt. Immer wieder begegnen mir im Netz Menschen, die noch nie von Wagrien hörten.

      Wer heute durch Ostholstein fährt, von Kiel bis Lübeck, von den Hügeln bei Eutin bis zu den Stränden bei Grömitz, ahnt kaum, dass er ein uraltes Kulturland durchquert, das einmal eigenständig war: das Land der Wagrier.

      Und wenn man dort steht, am Rand eines Kornfelds, mit Blick auf die glitzernde Ostsee, dann spürt man: Dieses Land erzählt, auch wenn es längst vergessen scheint.


      🗺️ Wo liegt Wagrien eigentlich?

      Wagrien liegt im heutigen Ostholstein, im Herzen Schleswig-Holsteins.
      Es wird eingerahmt von

      • der Trave im Süden,
      • der Schwentine im Westen,
      • der Ostsee im Osten
      • und dem Oldenburger Graben im Norden.

      Ein Landstrich, sanft und weit, hügelig wie ein Atemzug, durchzogen von Knicks, alten Baumalleen und kleinen Seen, die im Abendlicht kupfern schimmern.

      Viele Orte, die man heute mit Urlaub verbindet, Scharbeutz, Neustadt, Dahme, Haffkrug, Grömitz, Heiligenhafen, liegen mitten im alten Wagrien. Nur wissen es die wenigsten.


      ⚔️ Die alten Grenzen und der Ursprung

      Vor über 1200 Jahren lebte hier der slawische Stamm der Wagrier.
      Sie kamen aus dem Osten, siedelten zwischen Trave und Schwentine und nannten ihre Hauptburg Starigard, „die alte Burg“. Heute heißt der Ort Oldenburg in Holstein.

      Hier stand einst eine mächtige Festung aus Holz und Erde, umgeben von einem Wassergraben.
      Wenn man heute den Oldenburger Wall entlanggeht, hört man vielleicht das Echo der Vergangenheit, das Rascheln des Schilfs, das Knacken der Äste, das ferne Rufen von Krähen.

      Die Grenzen waren keine Linien auf einer Karte, sondern Landschaften: Wälder, Moore, Flüsse, Übergänge.
      Wagrien war nie abgeschlossen, es war ein Zwischenreich. Zwischen West und Ost, Heidentum und Christentum, Meer und Land.


      🏰 Geschichte in Wellen

      • 700–1100 n. Chr. – Die Slawen prägen das Land. Dörfer, Feldbau, Handel mit den Dänen.
      • 1139 ff. – Heinrich der Löwe zieht nach Osten, erobert Wagrien, gründet Kirchen, bringt deutsche Siedler.
        Aus „Starigard“ wird „Oldenburg“.
      • Mittelalter – Wagrien wird Teil des Herzogtums Holstein. Städte wie Eutin und Neustadt entstehen.
      • Neuzeit – Landwirtschaft, Gutshöfe, Herrenhäuser.
      • Heute – eine friedliche Region mit sanftem Tourismus und stiller Tiefe.

      Was mich daran fasziniert:
      Diese Geschichte ist nicht laut. Sie liegt wie eine dünne Schicht unter den Feldern, unter jedem Ortsschild mit slawischer Endung:
      -ow, -itz, -in. Ein sprachliches Fossil, das leise „Wir waren hier“ sagt.


      ☠ Die Vitalienbrüder

      Teile der wagrischen Küste gehörten u.A. zum Operationsgebiet der Vitalienbrüder. Sie legten dort vermutlich an, versteckten sich in Buchten oder Flussmündungen und nutzten kleinere Häfen wie Neustadt, Grube oder auch die Trave-Mündung bei Lübeck.
      Zwischen Fehmarn, Heiligenhafen und Neustadt gab es kleine Piratenstützpunkte, teils nur provisorische Lager. Es gibt keine Belege, dass Störtebeker selbst in Wagrien lebte oder dort gefangen wurde.
      Aber es gibt sehr plausible Indizien, dass seine Leute (oder verbündete Piraten) dort zeitweise Unterschlupf fanden.


      🌾 Damals ↔ heute

      Früher: Grenzland. Spannungen, Machtwechsel, Kulturen im Aufeinandertreffen.
      Heute: Weite. Ruhe. Ein Gefühl von Zeitlosigkeit.

      Wenn du über die Landstraße zwischen Eutin und Oldenburg fährst, siehst du:
      links goldene Felder, rechts bläuliche Wälder, dazwischen eine Kapelle, die aussieht, als wäre sie schon immer da gewesen.
      Und manchmal, kurz vor Sonnenuntergang, legt sich dieser honigfarbene Schimmer über alles, als würde das Land atmen.

      Das ist Wagrien: eine Landschaft, die dich nicht anruft, sondern wartet, bis du zuhörst.


      ⚓️ Heiligenhafen und seine Kapitäne – Nissen & Freter

      Heiligenhafen war immer mehr als nur ein Hafen. Es war ein Tor zur Welt, und zwei seiner Söhne haben diese Welt auf ganz unterschiedliche Weise bereist: Kapitän Hinrich Nissen und Kapitän Willy Freter.

      Hinrich Nissen (1862–1943) gilt als einer der großen Segelschiffkapitäne der Laeisz-Reederei.
      Geboren in Heiligenhafen, fuhr er mit den legendären „Flying P-Linern“ um Kap Hoorn, befehligte Schiffe wie die Potosi, Preußen und Peking, Giganten der Windjammerzeit.
      Er brachte die Seefahrtstradition seiner Heimat hinaus auf die Weltmeere und verkörperte den Geist jener Zeit, in der Wind und Wagemut die stärksten Antriebe waren.

      Willy Freter (1921–1997), ebenfalls aus Heiligenhafen, gehörte schon zur nächsten Generation: den Kapitänen der Motor- und Handelsschifffahrt.
      Er führte Frachter und Fischereischiffe, war später im Hafenwesen tätig, hielt die maritime Verbindung seiner Heimat wach, als die Ära der großen Segler längst verklungen war und baute in den siebziger Jahren die größte Seetouristikflotte der westlichen Ostsee auf.
      Seine Erfahrung und sein Wissen prägten viele junge Seeleute der Region.

      Beide Männer stehen sinnbildlich für Heiligenhafens Seele, für das Meer als Lebensweg, für Mut, Arbeit, und den Stolz auf eine Stadt, die über Jahrhunderte ihre Verbindung zur See nie verloren hat.
      Wer heute durch den Hafen spaziert oder das Heimatmuseum besucht, begegnet ihren Spuren noch: in Bildern, Modellen, Logbüchern, und in der salzigen Luft, die immer ein bisschen nach Fernweh riecht. 🌊


      🐟 Fischer Stüben – Held vom Fehmarnsund

      Friedrich Gottlieb Stüben (1838–1920), besser bekannt als „Fischer Stüben“, ist bis heute eine der bekanntesten Persönlichkeiten Heiligenhafens.
      Am Morgen des 15. März 1864 schrieb er Geschichte: Gemeinsam mit mehreren Fischern aus Heiligenhafen und Großenbrode setzte er in kleinen Booten preußische Soldaten über den Fehmarnsund auf die dänisch besetzte Insel Fehmarn über, mitten im Deutsch-Dänischen Krieg.
      Alle Boote erreichten sicher das andere Ufer, und die Insel wurde ohne Verluste eingenommen.

      Diese mutige Tat machte Stüben zu einer Symbolfigur für Mut, Heimatliebe und die Seele der Küstenmenschen.
      Heute erinnert eine Bronzestatue am Binnensee in Heiligenhafen an ihn, der Fischer, der mit einfachen Mitteln Geschichte schrieb.

      In Stadtführungen wird seine Geschichte lebendig gehalten, oft in historischem Gewand erzählt: von kaltem Wind, salziger Luft, Holzbooten im Morgengrauen und Männern, die mehr taten, als man von ihnen erwartete.
      Fischer Stüben steht bis heute für das, was Heiligenhafen groß gemacht hat, den Mut der einfachen Leute. ⚓️


      🏖️ Wagrien erleben – Orte mit Geschichte

      🌀 Oldenburg in Holstein
      Die alte slawische Burg Starigard kann man noch umrunden, ein grüner Wall, in dem die Zeit stehen geblieben ist.
      Das Wall-Museum erzählt die Geschichte der Wagrier mit Originalfunden aus jener Zeit.

      🏰 Eutin
      Das Schloss Eutin liegt am See wie aus einem Gemälde.
      Im Sommer erklingen hier Operetten unter freiem Himmel bei den Eutiner Festspielen.
      Wer am frühen Morgen den Schlossgarten betritt, hört nur Enten, Wind und seine eigenen Schritte.

      ⚓ Neustadt in Holstein
      Kleinstadt mit maritimem Herz.
      Alte Speicher, Segelboote, Möwenrufe, Hafen.
      Und das zeiTTor-Museum für alle, die Geschichte lieber berühren als nur lesen.

      🌅 Scharbeutz & Haffkrug
      Früh aufstehen lohnt sich.
      Wenn die Sonne über der Ostsee aufgeht und die Möwen laut über dem Wasser kreisen, hat das Meer dort fast etwas Heiliges.

      🌿 Lensahn, Grube, Göhl
      Abseits der Touristenpfade: Felder, Hofcafés, alte Dorfkirchen mit schiefen Turmspitzen. Hier spürt man noch das „alte“ Wagrien.


      🔍 Spannendes & Kurioses

      • Der Name Wagrien leitet sich von den „am Meer Wohnenden“ ab.
      • Die „Wagrische Halbinsel“ ist bis heute ein geographischer Begriff, auch wenn sie politisch nicht existiert.
      • Viele alte Wege folgen immer noch den slawischen Pfaden, auch manche Radwege tun das unbewusst.
      • In Eutin wurde Carl Maria von Weber geboren, und wenn man durch die Stadt läuft, versteht man, warum ein Romantiker hier zu Hause war.
      • Der Megedeberg ist eine bewaldete Anhöhe westlich des Edebergsees in Plön, auf der sich einst ein slawisches Heiligtum befand. Man geht davon aus, dass hier ein Tempel mit einem Standbild des Gottes Podaga gestanden hat, bevor die Kultstätte im 12. Jahrhundert zerstört wurde.

      🌤️ Wagrien heute – zwischen Geschichte und Gegenwart

      Heute ist Wagrien vor allem still.
      Es hat nichts Aufdringliches, nichts Großspuriges.
      Aber wer einmal dort war, merkt: Es geht unter die Haut.

      Der Wind riecht nach Salz und Raps, nach feuchtem Boden und manchmal nach Heu.
      Überall singen Lerchen. Alte Kopfsteinpflasterstraßen führen zu Herrenhäusern, die aussehen, als gehörten sie in einen Roman.
      Und wenn die Dämmerung kommt, färbt sich der Himmel fliederfarben, und man versteht, warum diese Gegend nie ganz vergessen wurde.


      💬 Und ihr?

      Wart ihr schon einmal in dieser Ecke Schleswig-Holsteins unterwegs?
      Vielleicht in Eutin, Neustadt, Heiligenhafen oder auf dem Wall in Oldenburg?
      Oder war euch der Name Wagrien neu?

      Ich finde, solche alten Landschaftsnamen sind wie Anker in der Zeit.
      Sie erinnern daran, dass alles vergeht, aber nichts völlig verschwindet.
      Wagrien ist dafür das beste Beispiel:
      Ein Land, das nicht laut ruft, sondern leise weiterlebt,
      im Wind, in den Namen, in der Erde. 🌾

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